„Wir geben in schwieriger Zeit unserer Stadt Sicherheit und Verlässlichkeit“ 5. Dezember 20237. Dezember 2023 Rede des Fraktionsvorsitzenden Volker Bajus zum Beschluss des Haushalts 2024 Sitzung des Rates der Stadt Osnabrück am 05.12.2023 Aussprache zum Haushalt 2024 – Es gilt das gesprochene Wort – Anrede, vor uns liegt ein besonderer Haushalt, ein Haushalt der Rekorde. Den Einnahmen von knapp 750 Millionen stehen Ausgaben von gut 825 Millionen Euro gegenüber. Macht im Ergebnishaushalt ein Defizit von 75 Millionen. Anrede, das sind beileibe keine Rekorde, die man anstrebt. Im Gegenteil, finanzpolitisch ist das eine sehr ernste, schwierige Lage – alptraumhaft, ja, zum Weglaufen. Dennoch, und das verdient allergrößten Respekt, haben sich Verwaltung und ehrenamtliche Ratspolitik der Verantwortung gestellt, lange diskutiert, Maßnahmen und Ideen verhandelt. Am Ende werden wir heute mit sehr großer Mehrheit einen tragfähigen Haushalt beschließen. Allen Widrigkeiten zum Trotz geben wir in schwieriger Zeit unserer Stadt Sicherheit und Verlässlichkeit. Wir stärken den sozialen Zusammenhalt, investieren in die Zukunftsfähigkeit Osnabrücks und in die Attraktivität des Oberzentrums. Dieses Signal verbinden wir mit fünf guten Botschaften: Während Einnahmen und Ausgaben krisen- und inflationsbedingt etwa um 10 Prozent steigen, wächst das Defizit – auch dank der guten Beratungen der Fraktionen – nur um rund 5,5 Prozent. Die gesamtstädtische Nettoneuverschuldung soll sogar leicht sinken. Wir belasten – anders als viele andere Städte – die Bürger:innen nicht mit Steuererhöhungen. Die Straßenausbaubeiträge bleiben abgeschafft! Gebühren für Abwasser, Abfall und Straßenreinigung werden moderat an die Teuerungsrate angepasst. Es gibt keinen Abbau von Sozial-, Bildungs- oder Kulturangeboten. Im Gegenteil: Dort, wo es notwendig ist, bauen wir die Unterstützung sogar aus. Die wichtigste Botschaft: Wir investieren weiter in die Zukunft. Bis 2027 eine halbe Milliarde Euro in die Infrastruktur, davon weiter rund die Hälfte in Schulen und Kitas. Wir bleiben verlässlich und geben Sicherheit. In diesem Haushalt stehen über 18 Millionen für das Klinikum bereit, das wie alle Krankenhäuser in Not ist. Die Gesundheit unserer Bürger*innen hat für uns oberste Priorität. Die Stadtwerke sind inzwischen auf einem ambitionierten Sanierungspfad. Wir hoffen, dort nicht mehr einspringen zu müssen – aber wir werden die anstehenden Investitionen in die Infrastruktur, in die Daseinsvorsorge verstärken. Die Schaffung von mehr bezahlbaren Wohnraum ist die größte sozialpolitische Herausforderung. Deswegen sind weitere Eigenkapitalverstärkungen für die kommunale Wohnungsgesellschaft sinnvoll. Wir lassen die wichtigen Freien Träger nicht mit Kostensteigerungen und gestiegenen Tariflöhnen allein. Wir kümmern uns vermehrt um Angsträume in der Stadt, stärken u.a. die Frauenberatung beim Thema digitale Gewalt sowie den Kampf gegen Ausbeutung und Zwangsprostitution. Wir unterstützen diejenigen, die es am schwersten haben. Die Sozialberatung, die Jugendhilfe, die Tafel, die Wohnungslosenhilfe und die Flüchtlingssozialarbeit. Um die Sicherung der Lebensqualität geht es auch beim Klimaschutz. Nichts ist teurer als Unterlassung. Wir wollen das neue „Vorreiterkonzept“ umsetzen. Und, für das Stadtklima und zum Schutz der Grünen Finger das Freiraum-Entwicklungskonzept schrittweise auf den Weg bringen. Auch für die Radsicherheit tun wir mehr. Hier wird Verkehrswende im wahrsten Sinne erfahrbar. Anrede, die Ergebnisse des Osnabrücker Handelsmonitors für die City sind beunruhigend. Immerhin konnte der Negativtrend seit Corona gedreht werden, von der alten Stärke sind wir aber noch ein gutes Stück entfernt. Klar ist, eine Verbesserung der Erreichbarkeit werden wir angesichts begrenzten Straßenraums kaum mit mehr Autos schaffen. Aber, Park and Ride und die Stärkung des regionalen ÖPNVs bieten Potential. Wo wir deutlich besser werden müssen, sind die Baustellen. Das darf gerne, ja muss schneller, transparenter und koordinierter gehen. Anrede, die Attraktivität des Oberzentrums als Einkaufsstadt hängt maßgeblich auch von den kulturellen Angeboten ab, die wir auch in diesem Haushalt wieder absichern. Wir arbeiten auch weiter an der Aufenthaltsqualität in der Stadt. Ein „Adolf Reichwein-Platz“ reicht nicht. Ich freue mich auf den neuen Ledenhof. Aber auch rund um den Haarmannsbrunnen, entlang der Hase oder auch vor Theater und Dom ist mehr möglich. Anrede, die meisten Kommunen haben ein strukturelles Finanzproblem. Jede Krise, jeder Rückschlag bringt uns in Not. Wir brauchen endlich Entlastung von Bund und Land. Aber „woher nehmen“? Das ist auch in Berlin nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angesichts fehlender Milliarden für den Klimafonds und für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds die Schlüsselfrage. Anrede, noch mehr Sparen oder Schulden machen? Das ist mir zu schlicht: Denn sparen tun wir seit 30 Jahren. Bei den Personalkosten sorgt inzwischen allein der Fachkräftemangel für viel zu viele ungewollt unbesetzte Stellen. In der Folge sind viele Bürgerservices notgedrungen mit langen Wartezeiten verbunden. Darunter leiden die Betroffenen, auch unsere Wirtschaft und der Arbeitsmarkt. So z.B., wenn monatelang die Bescheinigungen der Ausländerbehörde nicht vorliegen. Anrede, wenn mein Dach kaputt ist, saniere ich es, damit nicht das ganze Haus zerfällt. Wenn mein Fahrrad oder Auto kaputt ist, kaufe ich ein neues, zur Not auf Pump, damit ich weiter zur Arbeit komme. Und, wenn meine Konkurrenz mit moderneren Maschinen produktiver ist, investiere ich – auch mit Krediten. Ausgerechnet der Staat aber soll solche Schulden nicht machen? Das ist doch widersinnig. Wir brauchen endlich eine Reform der Schuldenbremse, die nicht, wie zurzeit, eine Zukunftsbremse ist. Sondern hilft, den nötigen Sanierungsstau aufzulösen, die Transformation der Wirtschaft in die klimaneutrale Zukunft flankiert und soziale Härten ausgleicht. Die den Kommunen hilft bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, bei der Wärmewende, bei der energetischen Sanierung der Gebäude, bei der Verkehrswende. Glaubt irgendjemand, wir können das wirtschaftliche Niveau halten, mit maroden Gleisen, Brücken und Straßen? Ohne Digitalisierung und eine klimaneutrale Industrie? Anrede, wir wollen die Reform der Schuldenbremse, in den Ländern auch immer mehr Unionspolitiker:innen. Noch blockiert in Berlin der CDU-Vorsitzende. Er glaubt, es helfe, bei den Ärmeren zu kassieren, Bürgergeld und Kindergrundsicherung zusammen zu streichen. Er irrt. So sichert man keine Zukunft, so schafft man sozialen Unfrieden. Anrede, es wäre wünschenswert, Berlin könnte politisch von Osnabrück lernen. Man kann auch aus der Opposition heraus gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Profil schafft man nicht durch Blockaden, sondern durch gemeinsame Lösungen. Das erwarten die Bürger:innen zu Recht von uns. Und das ist im Übrigen auch die Antwort auf die gegenwärtige Lage mit multiplen Krisen von Klima, Krieg, Terror, Rechtsextremismus bis hin zum Antisemitismus. Anrede, heute ist der Tag des Ehrenamts. Demokratie lebt vom Mitmachen. Von den über 60.000 Ehrenamtlichen, den Hunderten von Vereinen, den Konstruktiven, den Kreativen unserer Stadt. Diese müssen wir weiter motivieren, sich für unsere Stadt und die Gemeinschaft einzusetzen. Dafür braucht es auch gemeinsame politische Signale aus dem Stadtrat. Dass wir zugunsten des Ganzen, zum Wohle aller, parteipolitisches zurückstellen. Und, dass wir einen Haushalt beschließen, der ihre Arbeit unterstützt. Anrede, das tun wir in Osnabrück auch mit diesem Haushalt, der in schwieriger Lage die Zukunft unserer Stadt sichert. Anrede, ich danke allen, die das möglich gemacht haben. unseren Partnern von SPD und Volt, und auch der CDU und den anderen Fraktionen sowie der Verwaltung für die konstruktiven Beratungen, besonders den grünen Verhandler:innen Herrn Bracke, Frau Pfaff und Herrn Hagedorn und meiner Fraktion. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Hier geht es zur Ratsfraktion